Bis Whitehorse fahren wir schon einige Kilometer dem Youkon River entlang. Ich bin erstaunt, wie groß er ist. Tausende Goldsucher wurden von hier nach Dawson Citiy befördert oder machten hier auf dem Weg dahin Station. Denn hier zwängt sich der Fluss durch eine Felsspalte und macht ihn so schwierig passierbar für die leichten Kanus. Wir checken in einem der besten Hotels am Platze ein, was daran erkennbar ist, dass keine Motorradfahrer hier übernachten. Nach einem kurzen Sightseeing landen wir beim Italiener. Donnerwetter, sogar Tischdecken und eine außerordentlich nette Bedienung! Dann besuchen wir noch eine „indianische Bar“. Die Musik im Hintergrund hatte einen eigenartigen, stampfenden Rhythmus, den ich im Tempo so noch nicht gehört habe. Hochinteressant!
Wir besteigen eine Chessna und fliegen über die Berge der Rocky Mountains zum Angeln an den Wellesley Lake, 200 Meilen Luftlinie in die Wildnis nach NW, 50 km von der nächsten befestigten Straße. Wir angeln 3 Tage lang Hechte und Saiblinge (Lake Trout). Bereits am ersten Tag sind es 6 Hechte und ein Trout in 3 Stunden. Der Weisskopfadler reckt nur verwundert seinen Kopf. Die Blockhütte ist nicht geheizt und es waren 4 Grad in der Nacht. In 150 km Entfernung grüßen die 3-tausender der nördlichen kanadischen Rocky Mountains. Wenige hundert Meter vom Camp ist eine verfallene Blockhütte. Sie wurde in den dreißiger Jahren gebaut und war bis Anfang der neunziger bewohnt. An den noch erhaltenen Wänden hängen die viele Fallen unterschiedlicher Art. Das Bett ist auch noch vorhanden. Paul führt die kleine Gruppe. Die Sprayflasche gegen Bären hat er griffbereit.
Gegen Nachmittag erreichen wir angenehme 26 Grad. In 6 Stunden fange ich 6 Hechte und 7 Lachse. Die Lachse zwischen 60 und 80 cm, die Hechte zwischen 80 cm und kurz über einem Meter. Zum Schluss haben wir einen Doppelkopf.
Etwa 50 km vor Dawson folgen wir dem Klondike. Er ist ein mehr ein Rinnsal denn ein richtiger Fluss. Allerdings hat er sich in der Eiszeit ein riesiges Bett in diese riesigen Berge aus eiszeitlichem Schwemmboden, der durchzogen ist von Felsformationen, gegraben und windet sich mäanderförmig, bis er in den Yukon mündet. Die Straße gleicht jetzt mehr russischen Verhältnissen, denn der Untergrund ist morastig. Etwa 20 km vor der Stadt ist das gesamte Tal einmal durchgewühlt worden. Es sieht aus wie ein Lagerplatz für Schotter oder Steine. Alles ist wegen des eventuell vorhandenen Goldes maschinell durchgesiebt worden.
In dieser riesigen Stadt mit 20 000 Einwohnern findet ein dreitägiges Musikfestival statt. Es sind viele Touristen da. Vor jedem Hotel stehen mehrere Motorräder, zumeist aus Amerika. Dawson hat eine Universität, aber für was? Die Häuser werden direkt auf den Permafrostboden gebaut. Pfahlgründungen sind zu teuer. Immerhin sind 70 %der Beschäftigten beim Staatangestellt. Das und die langen Transportwege treiben die Preise in die Höhe. Nur etwa 2/3 der Bewohner bleiben auch dem Winter über hier. Herbst und Frühling sind kurz und Sommer und Winter sind extrem. Gold wird noch immer in der Gegend gefördert, aber industriell mit Waschanlagen. Unfälle sind nicht zu vermeiden, insbesondere durch Erdrutsche. Waldbrände und Überschwemmungen sind nicht selten. Das Nachtleben im Ort beginnt um Mitternacht und vor den Gaststätten bilden sich Schlangen. Es ist taghell, die Sonne geht gerade unter!
Der Dom ist ein Aussichtspunkt hoch über der Stadt. Von hier kann man ermessen, dass der Yukon ein großer Fluss ist, der sich durch weite Täler der Ebene windet und viele Stoffe mit sich führt. Er ist etwas größer als Elbe, Donau oder der Rhein. Dagegen ist der Klondike ein Bach, der aus den Bergen kommt und klares Wasser führt.
Wir sind kurz bei Markus zu Gast, der aus der Schweiz hierhergekommen ist. Er macht Feuerwache auf einem einsamen Hügel. Dann besuchen wir den alten Friedhof, der 1890 kurz nach dem Goldrausch angelegt wurde. Nein, alt wurden die Leute nicht. Trotzdem achtete man streng auf Standesunterschiede. Dawson war damals größer und reicher als San Franzisko. Von dort kamen die meisten Goldsucher. So gab es hier schon früh Elektrizität und Telegraf, anders als in den Weiten ringsum. In Kanada kam zuerst die Polizei, dann die Siedler. In den USA war es andersherum. Am Haus von Jack London fahren wir nicht vorbei. Es ist Touristen-Nepp. Die Hälfte des Hauses, das hierher aus den Bergen gebracht wurde steht in San Franzisko, seinem Geburtsort.
Es geht zum Bonanza Creek. Was wir hier sehen übersteigt jede Vorstellungskraft. Das gesamte Flussbett ist in Claims unterteilt. Jeder Claim ist 200 m (500 ft) Breit und 700 m (2000 ft) lang. Weil abseits der Straßen das Gold bereits maschinell gewaschen wurde holt man die Erde aus 10 m Tiefe vom Fluss und wäscht alles aus. Hier ist ja sowieso die Natur zerstört und so kommt Abfall zu Abfall. Dabei ist man oft unterhalb des Permafrostbodens. Bis zu 30 g je Tonne abräumen sind möglich, aber 5-8 g sind realistisch. Freizeitgoldsucher, die es hier viele gibt, sind nicht gut auf Parker Schnabel und die anderen Helden aus dem TV zu sprechen. Sie machen dank der Unterstützung von Volvo alle Claims kaputt und kaufen sie billig auf. Die ganze Gegend mutet bizarr oder pittoresk an.
Danach Kneipenbummel. Natürlich müssen wir den Geck des Yukon trinken. Ein verfaulter Zeh befindet sich in einem Glas Schnaps der eigenen Wahl. Man muss das Glas austrinken, ohne dass der Zeh die Lippen oder was auch immer berührt. Begutachtet wird alles von einem „deutschen Kapitän“. Natürlich darf man nicht gewinnen, denn sonst bekommt man 25 000 Dollar! Aber man bekommt trotzdem eine Urkunde. Es ist wieder taghell und Mitternacht.
Wir verlassen Dawson City, die Stadt von der ich seit den Jugendbüchern von Jack London geträumt habe. Die legendäre Verfilmung von 1977 reißt noch heute jeden mit etwas Fantasie vom Hocker. Wir machen einen Abstecher in die Tundra und fahren dazu 100 km den Demster Highway. Der Boden taut im Sommer nur 20 cm bis maximal 50 cm auf. Deshalb können Bäume nicht wachsen. Wir überqueren kurz die Wasserscheide in 1200 m Höhe um anschließend auf den Klondike-Highway in 4-600 m Höhe zurückzukehren. Nach einem Abstecher auf dem Silver Highway fahren wir den zumeist asphaltierten Chambell Higway nach Watson City. Danach geht es ruhig nach Edmonton zurück.