Barrahead

Anreise und erste Tage

Wieder einmal ist die Abreise chaotisch. Mein Flug wird umgeleitet und verspätet sich. Morgens gegen 4 komme ich endlich nach 36 Stunden Odyssee ohne Gepäck in Kanada an. Die Nacht ist kurz und dann geht es zum „Geburtstag“ in der Nähe. Für die 100 km von Edmonton entfernt brauchen wir nur zweimal abbiegen. Langsam füllt sich der Festplatz mit Wohnmobilen und Zelten. Aus ganz Kanada und den Staaten kommen ca. 80 Personen zusammen, die direkt mit dem Jubilar verwandt sind. Der ist zwar schon verstorben, aber die Feier ist lange geplant und so wird alles ein gemütliches Familientreffen. Für die Kinder gibt es Spiele für alle Altersklassen. Für den Computer interessiert sich niemand. Abends am Lagerfeuer tauscht man die neuesten Informationen aus, wie unter Verwandtschaft üblich. Geraucht wird nicht und harte Getränke sehe ich nicht. Es wird relativ kühl an den Juni/Juli Abenden. Anfang Mai gab es hier noch regelmäßig Nachtfrost und im Oktober kommen die ersten Fröste auch tagsüber. Trotzdem hole ich mir im Gesicht und an den Armen einen Sonnenbrand, weil man das schöne Wetter genießen will.

Nahezu ganz Alberta ist mit dem Lineal in Quadrate von 1 Meile (1,6 km) eingeteilt. Diese Parzellen wurden günstig an Siedler vergeben um das Land zu bevölkern. Menschen aus allen Ländern strömten um die Jahrhundertwende und in den zwanziger Jahren und nach dem zweiten Weltkrieg hierher. Die Ölförderung ist ein Zusatzverdienst für die Farmer. Sie liegt in den letzten Zügen aber viele Stationen arbeiten noch. Man versucht es mit Wasser in die Bohrlöcher zu bringen um den Rest Öl noch fördern zu können (Fracking). Irgendwann kommt auch mein Gepäck und ich kann nach 4 Tagen neue Unterwäsche anziehen.

Barahead hat circa 8000 Einwohner. Diese Stadt gehört zu den normalen Kleinstädten in Kanada, dabei ist sie Sitz des gleichnamigen County. Es ist Nationalfeiertag. In der Sporthalle sind Hüpfburgen aufgebaut. Im Biergarten gibt es Dosenbier und wir sind die einzigen Gäste. Auch zum abendlichen Feuerwerk finden sich nicht alle Einwohner ein. Es mögen 30-40 Personen mit Kindern sein, die mit uns auf der Tribüne sitzen. Ich bin in Kanada angekommen!

Bei meinem Stadtbummel fällt es mir schwer, Vergleiche zu ziehen. Mindestens 3 Banken bieten den vollen Service an. Im Supermarkt vergleiche ich Preise. Ja, alles ähnlich teuer wie bei uns. Wir befinden uns zwar noch weit vom Polarkreis, aber klimatisch kann man hier alles mit Karelien oder weiter nördlich vergleichen. Alle Fahrzeuge halten sich an die Höchstgeschwindigkeit, auch wenn die Situation etwas anderes erlauben würde. Die Straßen sind weit, die Grundstücke für die Häuser sind klein. Es gibt auch Wohnungen, aber nicht höher als 3 Etagen. Sauberkeit ist oberstes Gebot. Anders als in Russland sind Kühe im Stadtgebiet nicht sichtbar. Die ärztliche Versorgung scheint gut zu sein. Armut scheint es auch zu geben, denn ich finde einen Laden in dem man gebrauchte Sachen aller Art abgeben oder sich holen kann. Das örtliche Museum bezieht sich auf die Bedeutung der Stadt als Posten der Hudson-Bay-Company. Ihre Handelswege nach dem Norden durch dieses Indianer-Gebiet führten dazu, dass sich Siedler hier niedergelassen haben und das Land in Besitz nahmen. Von den heute lebenden Ureinwohnern/First Nations bilden die Metis (Mestizen) die größte Gruppe der anerkannten indigenen Bevölkerung. Ich komme an 8 Kirchen vorbei.

Ich interessiere mich viel für die Landwirtschaft, von der Alberta hauptsächlich lebt. Insbesondere auf der Fahrt nach Calgary habe ich dazu Gelegenheit. Wir sind in der Prärie und je weiter südlich wir kommen, desto ebener wird das Land. Wir fahren an einer Klippe vorbei, an der die Ureinwohner Büffel hinuntertrieben. In Fort Macleod studiere ich die Bedeutung der Mounties bei der Erschließung des Landes. Noch heute genießen sie die volle Hochachtung der gesamten Bevölkerung. Im Waterton Nationalpark wirkt das Hotel „Prince of Wales“ leicht deplatziert. Dafür sehen wir Bären unmittelbar an der Straße. Später, als ich alleine fahre komme ich am Büffel-Freigehege vorbei. Höhepunkt ist jedoch Drumhellar und die Bad Lands. Hier hat man in den Millionen Jahre alten Schichten Dinosaurier gefunden und ein beachtliches Museum gebaut.