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Beinahe verschlafen! Ich werde zum Frühstück abgeholt und hatte großspurig gesagt, dass ich ab 9 Uhr bereit bin. Ein Bruder holt mich ab und wir frühstücken in einem beliebten kleinen Restaurant. Es ist rappelvoll! Wie bei uns, ist der Sonntag zum ausspannen und relaxen da. Weil wir noch Zeit haben machen wir eine kleine Stadtrundfahrt, denn so richtig was gesehen von der Stadt habe ich nicht. Zwei Gebäude haben es mir angetan. Zum einen das Gebäude der Freimaurer. Es ist riesig, inmitten der nicht genutzten und teilweise abgerissenen Gebäude der Umgebung. Es wurde 1922 in diesem pompösen Stil der damaligen Zeit gebaut. Viele Details muss ich zu Hause nachrecherchieren. Der hauseigene Sicherheitsdienst verhindert, dass wir es betreten können. Aber das Denkmal von Robert Burns auf der anderen Straßenseite ist real. Wie überall stromern ein paar Obdachlose in dem gegenüberliegenden Park umher, derweil eine Party nebenan im Park stattfindet.
Das zweite Gebäude ist der Bahnhof. Er hat 15 Etagen und war mal der Kopfbahnhof der Stadt Detroit. Transport auf der Schiene wurde in Amerika vor einiger Zeit komplett zurückgebaut. Heute bereut man es. Das Gebäude wurde von der Henry Ford Stiftung kürzlich komplett restauriert und erstrahlt im alten Glanz. Hier also kamen nach dem Krieg meine Verwandten an. Gustav Jüngling und Elli reinfahrt, Mittellos, 9 Kinder im Schlepptau aber erfüllt im Glauben. Auf der Nordseeinsel, wohin man sie als Ost-Flüchtlinge aus dem Wartegau verwies, gab es für sie und die Kinder keine richtige Zukunft. Hier in Michigan hatten sie die Möglichkeit wieder als Farmer zu arbeiten oder sich dem Heer der Industriearbeiter anzuschließen. Weitab, am anderen Ende des Landes, das so groß ist wie Deutschland, bauten sie erfolgreich eine Farm auf. Ihre Kinder und Enkel sind weit verstreut in Amerika und jeder scheint mit sich selbst beschäftigt zu sein.
Pünktlich erreiche ich den Flix-Bus. Die Stadt (Downtown) ist voll von Menschen, die den Sonntag genießen wollen. An der Grenze werde ich von der gleichen Beamtin wie gestern abgefertigt, freundlich, korrekt und die üblichen Fragen. Beim planmäßigen Stopp in Windsor wird mein Name aufgerufen. Ich bin zunächst verwirrt. Der Präsident des Grandchapter der Widow Sons begrüßt mich in Kanada. Eine wahrhaft große Geste. Danach fahren wir weiter.
Von den großen Seen sehe ich wenig. Die Wälder, in denen einst J.F. Cooper den Chinachgook hat streifen lassen, sind lägst Farmland. Zwei von drei Truckern sind Sikhs.
Die Maps von Apple sind wirklich ausgezeichnet, solange man Internet hat. Ich komme in einem Hostel unter, das zu den besten Kanadas gehört. Leider befindet es sich in einem problemstadteil.
Ich versuche in diesem Multi-kulti Viertel etwas zu essen und werde bei einem richtigen Italiener fündig. Obwohl ich den ganzen Tag nicht viel gegessen habe, schaffe ich die Lassange nicht. Beruhigt gehe ich schlafen.